Jason Hess
Nobody builds walls better than me, believe me.
C-Prints auf Simona,
beideitig kaschiert,
70x100cm,
2021.
Ein ins Monumentale vergrößerter Screenshot – der sich als solcher zunächst nicht zu erkennen gibt – besticht zunächst durch seine abstrakt-malerische Qualität. Nur langsam entwickelt sich eine Perspektive auf das Festgehaltene und eine erste Zuschreibung als Landschaftsbild gelingt mit der Vergegenwärtigung einer Sicht aus der Luft hinab auf ein Stück Erde. Ein Pfeiler, der von rechts ins Bild ragt, schneidet durch den Raum der Landschaft, und in der Tat haben wir es mit nichts weniger zu tun als mit einer Visualisierung von Grenzland zwischen den USA und Mexiko, das durch die Präsenz seiner gewaltigen Mauer den Raum charakterisiert – die eben nicht nach oben ragt, sondern die weit vom Land in den offenen Pazifik führt. Gehen wir um das frei im Raum hängende Bild herum, zeigt sich uns die nahezu identische Situation: Allerdings ragt hier die Mauer nicht von rechts, sondern von links ins Bild. Ist es eine spiegelverkehrte Aufnahme? Erst nach und nach realisieren wir, dass wir – anders als die Menschen, die diese Grenze vergeblich zu queren versuchen – den Wechsel der Perspektive am Rechner vollziehen können und darüber entscheiden können, aus welcher Perspektive wir auf die beiden Staaten blicken. Die Tatsache, dass Jason Hess uns darüber im Unklaren lassen, hinter welchem Bild sich welche Perspektive verbirgt (blicken wir von den USA nach Mexiko oder umgekehrt?) gerät zu einer Parabel über den Traum von einer ungehinderten Durchquerung von Raum, oder anders: zu einer bildlichen Manifestation eines politischen Projekts, mit dem möglich werden muss Grenzen ungehindert zu durchschreiten.

Fotos © Jason Hess, 2021
Ausstellungsansichten © Jason Hess, 2021
Text © Maren Lübbke-Tidow, 2021