Max Pospiech
Das Blaue vom Himmel, 2021
3 UV Direktdrucke auf Simona, 40x40cm
Max Pospiech macht etwas, was sehr wesentlich ist, um das Medium Fotografie in seiner heutigen Erscheinungsweise zu verstehen. Nicht nur versprachlicht er Prozesse, die die heutige digitale Anwenderlogik wie selbstverständlich begleiten, ohne dass wir (seien wir ehrlich) wirklich verstehen, was im Moment der Aufnahme geschieht, auch setzt er sich in experimenteller Weise mit den Versprechen der zeitgenössischen Digitalfotografie auseinander – etwa, dass die Bildherstellung  "immer" besser oder reibungsloser funktioniert oder auf immer, in gleichbleibender Qualität (Auflösung), verfügbar ist. So schreibt er: "Die Frage nach dem Original einer Fotografie wurde spätestens mit der Digitalisierung derselben in den 00er-Jahren ad absurdum geführt. Mit wenigen Zeilen Code ist es möglich eine Bilddatei 100-, 1000- oder auch 10000-fach zu kopieren, auch das ist eher eine untere Grenze. Ebenso oft lässt sich eine Bilddatei drehen und neu abspeichern. Unsere heutige Kommunikation ist mehr denn je vom digitalen Foto geprägt, ermöglicht wurde dies hauptsächlich durch eine effiziente Bildkomprimierung, dem JPG Format. Ein Großteil der digitalen Bilder liegt in diesem Format vor – oder auch nicht, die meiste Zeit ist die moderne Form der Fotografie unsichtbar –, wird herumgetragen, wartet darauf, für einen kleinen Moment gezeigt zu werden. Das JPG Verfahren ist eine verlustbehaftete Komprimierung. Vielleicht mag verlustbehaftet auch die falsche Begrifflichkeit sein, denn alleine der Druck auf den Auslöser bedeutet schon Verlust. Verlust des Voranschreitens der Zeit, der Geräusche, der Situation, die sich außerhalb des Bildausschnittes befindet; ein Defizit an Realität. Tendenzen im musealen Ausstellungsbetrieb, Kopien von Originalen zu zeigen, steigen ebenso, weil das Tageslicht zerstörerisch auf die Werke wirkt. Die Identität der Fotografie ist akzidentiell. Sei es wegen der Referenz, beispielsweise einer blühenden Pflanze oder aber wegen des technischen Verfahrens. Daher zeigt eine JPG Bilddatei, x fach gedreht und neu abgespeichert, einen beschleunigten gewaltvollen Vorgang eines Mediums, dass verspricht den Moment für immer zu speichern."
Konkret bedeuten diese Überlegungen für Pospiechs künstlerische Arbeit für WHAT CANNOT BE SEEN mit einem dafür geschriebenen Programm ein jpg so lange am Rechner zu drehen, bis sich dessen Erscheinung verflüchtigt (und entgegen aller Erwartungen an das technisch perfekte Bild bzw. jpg tut es das ) – und genau an diesem Punkt, an dem das Bild zwischen Präzenz und Absenz zu changieren beginnt, den "gewaltvollen Vorgang" zu stoppen. Genau an dieser Schwelle "entlässt" Pospiech das Bild aus dem digitalen Raum und findet eine Form für seine Materialisierung. Vergleichbar eines (vergrößerten) Pixels sind so drei quadratische Arbeiten entstanden, auf dessen jeweiliger Oberfläche sich die ursprünglichen bildlichen Informationen zu entziehen beginnen, in diesem Fall die Farben Blau, Rot und Grün. Sie geraten zu einer digitalen Spur oder einem digitalen Rest und entzaubern so die Vorstellung vom digital gesicherten Material zur seiner immerwährenden Verfügbarkeit.