Lorena Thunn
Gatto obscuro, 2021
2 Edelstahl-Näpfe, lackiert; gefüllt mit Epoxid-Harz, Kreidemarker auf Fensterglas
Lorena Thunns Auseinandersetzung mit fotografischen Prinzipien erfolgt weniger auf einer Ebene des fotografischen Experiments oder auf der Ebene einer konkreten fotografischen Anwendung. Sie arbeitet sich eher auf einer philosophischen Ebene durch – und widmet sich einem urfotografischen Thema, das selbst gar nicht fotografisch darstellbar ist: der Latenz. Als latentes Bild bezeichnet man das Bild, dass bereits auf einem Film gebannt oder auf einem elektronischen Bildsensor gespeichert ist, das aber noch nicht entwickelt und ausgearbeitet ist. Licht hat sich also schon auf einem Film eingebrannt und dort eine Spur hinterlassen (wie in der analogen Fotografie), oder aber Nullen und Einsen wurden so zueinander ins Verhältnis gesetzt, dass sich ein Raum in Licht und Schatten aufteilt und somit ein Abbild des Aufgenommenen errechnet wurde (wie in der digitalen Fotografie) – aber das Bild ist "noch nicht da". Es verbleibt in seiner sogenannten Latenz. Was ist dann das fotografische Bild – in diesem Zustand? Ist es schon da oder noch nicht da? Ist es tot oder lebendig? Thunn vergleicht diese Frage mit dem Gedankenexperiment Schrödinger Katze und geht ihm zeichnerisch nach. Laut Wikipedia beruht Schrödingers Gedankenexperiment "darauf, dass immer, wenn ein System (…) zwei verschiedene Zustände einnehmen kann, auch die kohärente Überlagerung der beiden Zustände einen möglichen Zustand darstellt." Wie und ob sich das in Bezug auf die Fotografie konkretisieren lässt, können wir in Thunns Graphic Novel nachsehen.