Affordanzen beschreiben Handlungsoptionen beziehungsweise Handlungsanregungen, die aus den Eigenschaften materieller Umwelten resultieren und sich vor dem Hintergrund kognitiver Fähigkeiten und aktiver Wahrnehmungsprozesse realisieren. Wichtig ist hierbei, dass die substanziellen Merkmale und stofflichen Beschaffenheiten der Dinge und Artefakte das Handeln der Akteur*innen nicht determinieren oder erzwingen, aber zugleich auch nicht als beliebig oder willkürlich zu denken sind. Die Affordanzen der uns umgebenden Dingwelten sind signifikant durch den soziokulturellen Kontext unseres Alltags geprägt. Zu welchen Handlungsweisen, Deutungen, interpretativen Muster, Bewertungen und Wahrnehmungsformen uns Gegenstände auffordern ist abhängig von der situativen Rahmung und der gesellschaftlichen Kontextualisierung der Dinge, den damit verbundenen Erwartungen, Machtdynamiken, Geschlechterrelationen, ästhetischen Präferenzen und Geschmackshierarchien. Diese sozialen Strukturen und kulturellen Schemata sind dabei nicht statisch, sondern befinden sich in permanenten Aushandlungsprozessen. Erlernte und verinnerlichte Handlungs- und Interaktionsweisen im Umgang mit materiellen Umwelten reproduzieren einerseits die soziokulturellen Ordnungen, in die sie integriert und von denen sie Teil sind, gleichzeitig verändern alltägliche Tätigkeiten diese Strukturen. Das Handeln innerhalb und mit materiellen Umwelten ist nicht nur in soziale Lebenszusammenhänge eingebunden, sondern maßgeblich an der Ausgestaltung gesellschaftlicher Wirklichkeit beteiligt.
Foto © Amanda Bahle, 2024
Text © Sarah Ullrich, 2024
Foto © Amanda Bahle, 2024
Text © Sarah Ullrich, 2024